Wie finde ich den Mut und die Freiheit, zu tun, was ich will?
Ein Moment, der mich fundamental verändert hat:
Ich war allein in Indien im Zug auf dem Weg in den Norden, inmitten von fünfzehn Männern.
Es gab keine Zugtickets mehr, und ein freundlicher Fahrgast bot mir an, seinen Platz zu teilen.
Ich war bereits seit drei Monaten in Indien und mit den Nerven ganz schön fertig. Die ganze Zeit center of attention zu sein, mich in diesem riesigen Land ständig orientierungslos zu fühlen, die Lautstärke, die vielen Menschen, dann die Touristen, die zum Erleuchten gekommen waren…kurz, ich war kurz davor, meine Reise abzubrechen, weil ich keine Kraft mehr hatte.
Ich saß also da in diesem Abteil, und wurde von 10 von 15 Männern ohne Pause angestarrt.
Mein Kopf füllte sich mit ärgerlichen Gedanken gemischt mit Angst und Verzweiflung darüber, dass ich nicht einfach meine Ruhe haben konnte.
Irgendwann gab mir der Typ, mit dem ich den Sitz geteilt hatte, zu verstehen, dass er jetzt gerne schlafen wollte, und dass ich seine Bank frei machen sollte.
Panik. Was mache ich jetzt? Ich hatte noch 13 Stunden Zugfahrt vor mir.
Ein anderes mal hatte ich schon erlebt, dass ich in einem Zug geschlafen habe, auf der unteren Bank (in indischen Zügen sind alle Abteile mit Schlafbänken in verschiedenen Höhen eingerichtet), und sich nachts eine ältere Frau dazu gekuschelt hat, die wahrscheinlich auch keinen Platz gefunden hatte.
Ich stand also langsam auf, weiterhin verfolgt von den Blicken der Männer, und ging in den Gang.
Der einzige Ort, wo es ein wenig Platz gab, neben den Toiletten.
Ich stand dort und fühlte mich schrecklich verloren und allein.
Ich weinte.
Und weinte.
Bis ich irgendwann nicht mehr weinen konnte.
Und mich fragte : ,,Maan, wohin soll das denn führen?
Wenn ich mich immer davon abhängig mache, was um mich herumpassiert?
Ich habe gerade die letzten vier Stunden damit verbracht, Angst in einer Horde von Männern zu haben, habe weder das Abteil gewechselt, noch etwas gesagt, damit sie aufhören, mich anzuglotzen.
Noch ist etwas schlimmes passiert!
Ich war einfach passiv und fühlte mich wie ein Opfer. Eigentlich will ich das nicht sein.
...Könnte ich JETZT damit aufhören? "
Mein Kopf war auf einmal glasklar und ich musste lachen.
Fast so viel wie ich vorher geweint hatte, lachte ich nun.
Ich breitete meine Isomatte aus, dort, im Gang, neben den Toiletten, dem einzigen Ort, wo Platz war. Und machte es mir gemütlich. Ich nahm den ganzen Raum ein, und war aufgeregt. Würde gleich jemand kommen und mich verscheuchen? Ich lagso da und wartete.
Nichts passierte. Jemand kam, schaute mich an, kletterte über mich drüber, und ging weiter.
Was??
Ich musste wieder lachen.
Auf einmal dämmerte es mir :
Ich glaube, ich kann machen, was ich will!!?
Andere Menschen treffen ihre Entscheidungen völlig unabhängig von meinen, also kann ich das auch tun!
Was für ein Gefühl!!
Ich blieb noch zwei weitere Monate in Indien und Nepal, und machte von da an, was ich wollte. Ich sang und schrie auf der Straße herum, wenn mir danach war, nur, um es auszuprobieren. Ich sprintete furios hinter Männern her, wenn sie mich über die Straße anpfiffen und nervig anmachten, und stellte sie zur Rede. Wenn ich im Restaurant zu sehr angestarrt wurde, bat ich einfach darum, damit aufzuhören. Und was passierte?
NIE Schlimmes.
Meistens hatte ich eine Menge Spaß, und war immer stolz, wenn ich es gemacht hatte.
Natürlich gelang mir das nicht immer. Manchmal passierte es noch immer, dass ich sehr müde und orientierungslos herumirrte.
Dass ich mich ärgerte, wenn ich nicht für mich eingestanden hatte.
Aber weißte was? Zweimal aufstehen und einmal nicht ist besser als drei maldarüber nachzudenken.
Dich selbst überraschen. Bestee!!
Und das schönste daran:
Es wird immer belohnt, sich ein bisschen zu trauen. Selbst, wenn es nur den Kassierer anlächeln ist. Oder nicht ans Telefon zu gehen, wenn du keine Lust hast.
Entweder du kriegst ‘ne positive Reaktion. Oder du bist stolz, weil du dich getraut hast. Ziemlich gut, oder?