Die Liebe meines Lebens
Ich begleitete kürzlich eine Klientin direkt nach einer Trennung von einem Menschen, mit dem sie viele Jahre zusammen war. Sie hatte das Gefühl, ihr Leben liege als Scherbenhaufen vor sich, die Scherben ein Spiegel. Wer war sie, ohne das Gerüst, das all die Jahre da war? Wie passten die Teile neu zusammen?
Das erinnerte mich an ein einschneidendes Erlebnis, das ich vor mehreren Jahren hatte, im Prozess einer Trennung.
Die folgende Geschichte ist Jahre her.
Ich sitze im Hot Yoga-Studio , es sind 38 Grad, ich bin noch fast allein auf der Matte.
Mein Kopf ist geneigt, ich habe keine Kraft, hochzusehen.
Ich habe kaum geschlafen und konnte es zuhause nicht aushalten.
Gestern habe ich erfahren, dass mein Partner jedes Mal, wenn ich ihn in den letzten Wochen nicht erreicht habe, bei einer anderen Frau war.
Jedes Mal hatte ich ein schreckliches Gefühl und kam nicht zur Ruhe, weil ich das Gefühl hatte, es stimmt etwas nicht.
Wir hatten eine offene Beziehung, und mein höchster Wert in einer Beziehung, Ehrlichkeit, egal, was kommt, war nicht vorhanden.
Über Wochen hatte ich immer wieder ein Bauchgefühl, das mir sagte:
Er ist nicht ehrlich mit dir. Geh. Das stimmt nicht, was du hörst.
Und über Wochen sagte ich mir darauf:
Ach komm. Dein Gefühl stimmt nicht.
Nun saß ich hier. Das Studio hat sich mittlerweile gefüllt.
Es ist so heiß, dass mein Schweiß und meine Tränen sich vermischen, und niemand es sieht.
Ich habe keine Kraft. Was soll ich tun?
Ich fühlte nur Schmerz, seit Wochen tat ich wenig außer weinen und auf mein Handy starren, und fühlte mich wie nur noch aus Verzweiflung, Sehnsucht und Hass bestehend.
Wo war ich?
Ich vermied es, in den Spiegel zu schauen.
Die Sequenzen beginnen. Ich muss mich aufrichten, sonst kann ich die Übungen nicht machen, und wenn ich die Übungen nicht machen würde, würden alle sehen, was ich für ein Haufen war.
Ich streckte mein Bein, mein Körper stark und fit, mein Kopf schmerzte.
Plötzlich fing mein Blick Spiegel zum ersten Mal mein Gesicht und ich erschrak.
Schock.
Etwas brach auf.
Ich hörte auf, die Übung korrekt auszuführen.
Da war ich.
Ein gesunder Körper, ein verheultes Gesicht.
Ich fühlte mich wie der alleingelassenste Mensch auf der Welt, aber da war ich.
„ICH bin die Liebe meines Lebens“
,tönte plötzlich meine Stimme im Kopf.
Was ist das für ein weirder Satz? Wer spricht da?
Ich sah mir ins Gesicht.
„Ich bin die Liebe meines Lebens. Für immer. Niemand sonst.“
Und plötzlich machte sich eine Aufregung in mir breit.
Ich sah mich an, und sah die Liebe meines Lebens.
Ach, so funktioniert das?
Ich sah meine Muskeln, ich sah meinen gebräunten Körper und mein langes Haar, meinen verletzten Blick und dachte:
Wow. Was für eine Ehre, mit mir zusammen zu sein.
Und dann plötzlich ein Lachen, während ich bemerkte:
Ich werde und darf IMMER mit mir zusammen sein.
Ernsthaftigkeit.
Ich bin alles, was ich habe.
Und ICH darf MICH nicht betrügen.
Wie lange hatte ich mich betrogen?
Über 2 Jahre? Ich wusste doch die ganze Zeit, dass ich nicht so behandelt wurde, wie ich es mir wünsche. Von Anfang an.
Ich staunte nun.
Wie war es möglich gewesen, dass ich mich wissentlich und freiwillig über so lange Zeit selbst bescheiße?
Ich stand nun aufrecht, während ich selbstverzückt meine Bewegungen im Spiegel sah. Ich bin die Liebe meines Lebens.
Ich bin alles, worauf ich mich für immer verlassen kann.
Ich schloss einen Pakt mit mir:
,,Ich werde mich niemals verlassen.
Jedes Mal Unehrlichkeit ist ein Verrat an mir selbst.
(Merk dir diesen Satz)
Ich werde meine Werte weiter finden und leben. Ich werde nicht locker lassen, bis ich weiß, wo ich hingehöre. Ich werde mir die beste Partnerin sein, die man haben kann.”
Was für eine Ehre, mit mir zusammen zu sein.
Und in dem Moment passierte etwas, was ich im Nachhinein als erstaunlich, in dem Moment schockierend fand:
Ich verzieh.
Ich konnte verzeihen. Meinem damaligen Partner, und der Frau. Die ich vorher so gehasst und verachtet hatte, nur dafür, dass sie existierten.
Ihn, dafür, dass er mich betrogen hatte, dass er mich angelogen hatte, sie dafür, dass sie wusste, dass ich litt, und nicht nur mich, sondern auch ihren Mann betrog.
Ich konnte plötzlich allen verzeihen. Welche Gründe es auch immer gab, es hat in dem Moment für sie Sinn ergeben.
Und sie haben es nicht getan, um MIR Schmerzen zuzufügen, sondern um zu bekommen, was SIE wollten. Nicht nett, aber zutiefst menschlich.
Wie oft habe ich das in meinem Leben schon das Gleiche getan.
Ich beschloss auch, so sehr, wie ich mich fortan achten würde, so ehrlich, wie ich zu mir sein würde, und so sehr, wie ich mir versprach, ernst zu nehmen, wenn ich eine Intuition hatte –
So sehr würde ich das auch mit meinem nächsten Partner tun.
Keine Rache, sondern Neues schaffen.
Ihn achten, wie ich mich achte und geachtet werden möchte. Mir selbst meine beste Partnerin sein, mir immer wieder all die Liebe geben, die ich habe, und das gleiche bei ihm tun.
Alles geben, alles zeigen, alles darf sein.
In diesem Friedensbeschluss konnte ich keinen Hass mehr für meinen damaligen Partner empfinden (etwas, was mich zu dem Zeitpunkt ein bisschen ärgerte, denn hassen ist viel einfacher als vergeben und weniger schutzlos), sondern nur Liebe. So kitschig das klingt, genau so war es.
Bis heute ist es so, dass ich verziehen habe.
Und erst heute ist es so, dass ich eine Liste von Dingen habe, die ich so nie wieder erleben möchte und hoffentlich werde.
Und das wichtigste – bis heute ist es so, dass ich mich habe.
Dass ich mich im Spiegel ansehe, mich daran erinnere, und denke: Wie schön, dass wir zusammen sind.
Wie ist das bei dir? Bist du gern mit dir zusammen?
Bist du gern mit deinem Partner, deiner Partnerin zusammen?
Ich kenne das Gefühl der Selbstsabotage, der Unehrlichkeit mir selbst gegenüber nur zu gut. Das fühlt sich richtig scheiße an.
Aber ich kenne auch das Gegenstück,
Selbstrespekt und radikale Ehrlichkeit.
Das lebe ich mittlerweile und lehre es.
Oft ist es schwierig, da selbst ‘rauszukommen.
Bist du in einer ähnlichen Situation und wünschst dir Unterstützung?
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