Ist KI-Kunst Kunst?
Ich habe letztes Jahr und vorletztes Jahr ein digitales Orakel ausgestellt, was aussah wie ich und durch künstliche Intelligenz Menschen ihre Fragen beantwortet hat.
Jedes Mal war es ein voller Erfolg, Menschen liebten es.
Die Idee an sich ist jetzt nicht wahnsinnig originell.
Es gibt mittlerweile ein Buch, das mit der gleichen Idee funktioniert wie mein Orakel, Menschen haben ihre Fragen gestellt, GpT3(das Programm) hat Fragen geantwortet.
Aber was ich so faszinierend bei allen Ausstellungen fand, war, dass Menschen eben FRAGEN gestellt haben - und was sie für Fragen gestellt haben.
Das ist, was die KI uns niemals abnehmen können wird.
Ich glaube, essenzieller Teil des Mensch seins ist es, Fragen zu stellen.
Unbeantwortbare Fragen zu stellen.
Fragen zu stellen, und die Antwort zu suchen versuchen, wobei die Fragen so wichtig sind, eben WEIL wir sie nicht beantworten können.-
Was ist die Liebe?
Woher weiß ich, dass ich liebenswert bin?
Werde ich erfolgreich sein?
Was ist der Sinn meines Lebens?
Wofür bin ich hier?
Diese Fragen, Dauerbrenner des Orakels, sind Fragen, die wir nicht beantworten können und, ich glaube, auch nicht wollen. Denn dann wäre die Suche vorbei, und alles Leben komplett durchschaubar.
Es sind Dinge, die wir glauben können, vermuten und entscheiden.
Doch wie reizlos wäre es, zu wissen, wofür man hier ist!
Hartmut Rosa spricht in seiner Resonanz-theorie darüber, dass Dinge, mit denen wir in Resonanz gehen, die also etwas in uns auslösen, ein stückweit unverfügbar sein müssen, also ungreifbar, unverständlich.
Ist KI Kunst also langweilig?
Wie bei den Anfängen der Fotografie gibt es gerade viel Protest in der Kunstwelt, Menschen lehnen diese durchrechenbare Art, Bilder oder Musik herzustellen, ab und sagen: Das ist doch keine Kunst mehr!
Kunst ist Gefühl, ist Erleben, ist Wahrnehmung und verarbeitete, ausgedrückte Erinnerung.
Und weißt du was?
Ich glaube, diese Entwicklung war absolut vorherzusehen. So viel, wie wir unser Leben der Technik und Elektronik anvertrauen, war klar, dass wir irgendwann Kunst durch Rechner erstellen lassen würden.
Und ist das dann Kunst? Oder löst das dann womöglich die Kunst ab, die Menschen heutzutage imstande sind, zu machen?
Wie bei der Portraimalerei hat Fotografie diese zum größten Teil abgelöst. Aber ist das etwas Schlimmes? Nein, denn daraus hat sich eben eine KOMPLETT NEUE Kunstrichtung entwickelt! Wie großartig!
Und ich kann mir vorstellen, dass das bei KI-Kunst auch passiert. Wir sind noch so am Anfang dieser Entwicklung, und jede Erschütterung eines Systems bringt erstmal Ablehnung mit sich.
Aber was wir nicht vergessen sollten:
KI Kunst kann ohne Menschen nicht funktionieren.
Und Kunst kann ohne Menschen nicht funktionieren.
Denn erst die Menschen haben so etwas wie ein Verständnis von Kunst entwickelt.
Also, die Idee, dass es “Kunst” gibt.
Das hat auch immer etwas mit Gefühl, mit Erleben, Wahrnehmung und verarbeiteter, ausgedrückter Erinnerung zu tun.
Wir leben in einer Welt, in der unser Blick morgens zuerst zum Computer schweift, bevor wir uns selbst ins Gesicht schauen. Das ist bereits Teil unserer morgigen Erinnerung, unseres Lebens.
So wie KI bereits Teil unseres Lebens ist, so wird sie auch Teil der Kunst, wie sie es im Moment gibt. Ich glaube nicht, dass sie „Kunst“ ablösen wird, sondern bereichern.
Denn jedes Mal, wenn es eine Erschütterung in einem kreativen System gibt, muss daraus etwas Neues entstehen. Etwas Neues, was wir natürlich noch nicht kennen! Womöglich eine komplett neue Kunstrichtung.
Aber wir sollten da auf die kreative Kraft in Menschen vertrauen.
Menschen wandeln Dinge in Kunst um, egal, was sie vor sich haben.
Was wird also aus der Rechnung
Mensch + künstlich intelligent erzeugte Bilder, Musik, Kunst = ?
entstehen?
Etwas, was wir noch nicht kennen. Und genau darin liegt das Potenzial!